Am 9. November 1938 brannten die Synagogen in Deutschland. Das Fanal zu millionenfachem Mord, angeordnet von Staats wegen, legalisiert durch Anordnungen, übersehen von allen, die den Blick abwandten.
Im selben Jahr erscheint in dem US-amerikanischen „story magazine“ in mehreren Folgen ein kleiner Briefroman unter dem Titel „Adress Unknown“. Katherine Kressmann Taylor, die Autorin, ist Werbetexterin von Beruf und Mutter von drei Kindern. Sie ist keine bekannte Schriftstellerin und sie wird es auch nicht werden. Mehr hat sie nicht geschrieben als dieses eine literarische Meisterwerk von beklemmender Aktualität. Gestaltet als Briefroman zwischen einem amerikanischen Juden und einem Deutschen in den Monaten um die Machtergreifung 1933 zeichnet dieser Roman in bewegender Schlichtheit die dramatische Entwicklung einer Freundschaft, die zerbricht, in rasender Geschwindigkeit, von Brief zu Brief, und auf dem Höhepunkt eine so unerwartete Wendung nimmt, dass dem Lesenden der Atem stockt.
„Nie wurde das zersetzende Gift des Nationalsozialismus eindringlicher beschrieben worden“, schreibt Elke Heidereich in ihrem Nachwort.
Gelesen wird an diesem Abend die Bühnenversion des Textes, die unter dem Titel „Empfänger unbekannt“ erschien.